Zamenis longissimus
Reptilia → Squamata → Serpentes → Colubridae → Zamenis → Zamenis longissimus
Bissa oxelea, Oxelaia, Biscia oxelea, Saetùn
Die Äskulapnatter ( Zamenis longissimus ), auch als Saettone bekannt, gehört zu den längsten europäischen Schlangen und erreicht gewöhnlich eine Länge von 150–180 cm, einzelne Exemplare können sogar über 2 Meter lang werden. Ihr Körper ist schlank, aber dennoch kräftig, besonders im mittleren Rumpfbereich, und wirkt in der Bewegung äußerst geschmeidig. Die Färbung adulter Tiere zeigt einen braun-grünen Grundton mit kleinen weißlichen Flecken auf den Schuppen, während die Bauchseite einheitlich gelblich-grün ist. Der Kopf ist relativ klein und wenig vom Körper abgesetzt, heller gefärbt und manchmal gelblich. Die Augen sind proportional groß, mit runder Pupille und einer Iris, die von gräulich über braun bis blassgelb variieren kann. Jungtiere erkennt man an einer braunen Grundfärbung mit großen dunklen Flecken und einem charakteristischen gelblichen Nackenband an der Basis des Kopfes, was zu Verwechslungen mit der Ringelnatter ( Natrix helvetica ) führen kann. Der Geschlechtsdimorphismus ist mäßig ausgeprägt: Weibchen sind in der Regel größer und kräftiger als Männchen, ansonsten bestehen keine auffälligen Unterschiede.
Zamenis longissimus kommt von Nordspanien (Pyrenäenregion) über Süd- und Zentralfrankreich, die italienische Halbinsel, Teile Mitteleuropas, den Balkan und Kleinasien bis in den Libanon vor. In der Provinz Savona und im westlichen Ligurien gilt die Art als relativ häufig und besiedelt sowohl natürliche als auch vom Menschen veränderte Lebensräume bis auf 1000 m Höhe. Ihre Anpassungsfähigkeit ermöglicht ihr das Vorkommen sogar in städtischen Gebieten, an Straßenrändern und in Gärten, wo sie während der mildesten Jahreszeiten beobachtet werden kann.
Die Äskulapnatter bevorzugt Lebensräume mit dichter Vegetation und Strukturen, die Schutz bieten, wie lichte, wärmeliebende Wälder, Hecken, Trockenmauern, Flussufer, ländliche Gebiete und brachliegende Flächen. Häufig sucht sie Unterschlupf unter Heuhaufen, großen Steinen, Planen oder zurückgelassenen Materialien. Ihr Vorkommen in mediterranen wie auch kontinentalen Habitaten zeugt von einer bemerkenswerten ökologischen Vielseitigkeit.
Als halbarboricole Art und geschickte Kletterin beginnt die Saettone ihre Aktivität bereits Anfang März, die in milden Jahren bis Mitte November andauern kann. Sie ist nicht besonders wärmeliebend: Zu heiße Sommerstunden meidet sie und bevorzugt in solchen Zeiten die Dämmerung oder sogar nächtliche Aktivität. Bei großer Hitze sucht sie feuchte Bereiche oder stehende Gewässer auf, wo sie teilweise untergetaucht verweilt und nur den Kopf über Wasser hält. Die Fortpflanzung erfolgt im Frühjahr: Nach der Paarung mit einem oder mehreren Männchen – manchmal entstehen dabei komplexe Schlangengeflechte – legen die Weibchen 4 bis 12 Eier in geschützten Hohlräumen unter Wurzeln, Mauern oder Steinen ab. Die Jungtiere, die bei der Geburt 25–28 cm messen, schlüpfen zwischen Ende August und Anfang September.
Zamenis longissimus zeigt eine vielseitige und opportunistische Ernährungsweise. Erwachsene Tiere erbeuten Kleinsäuger bis zur Größe einer Ratte, junge Kaninchen, Eidechsen, andere Reptilien und gelegentlich auch Amphibien. Dank ihrer ausgeprägten Kletterfähigkeiten plündert sie Vogelnester und ernährt sich von Eiern, Nestlingen und mitunter auch von kleineren erwachsenen Vögeln wie der Amsel (Turdus merula). Die Nahrung der Jungtiere besteht vor allem aus Eidechsen und kleinen Nagetieren. Die Beute wird durch Umschlingen getötet – eine Technik, die in den Gattungen Zamenis und Elaphe besonders ausgeprägt ist und diese zu den wichtigsten Würgeschlangen Europas macht.
Die Saettone wird von tagaktiven Greifvögeln (insbesondere dem Schlangenadler, Circaetus gallicus), fleischfressenden Säugetieren und großen schlangenfressenden Arten wie der Zornnatter ( Hierophis viridiflavus ) und der Montpellier-Schlange ( Malpolon monspessulanus ) gejagt. Die größte Bedrohung geht jedoch vom Menschen aus: Direkte Verfolgung, Lebensraumzerstörung und Straßenverkehr fordern einen erheblichen Tribut von den lokalen Populationen.
Trotz des Namens 'Saettone', der auf ein besonders schnelles Tier schließen lassen könnte, ist die Äskulapnatter im Allgemeinen vorsichtig und ruhig und besticht eher durch die Eleganz ihrer Bewegungen als durch Geschwindigkeit. Bei Bedrohung kann sie beißen, lässt aber – anders als andere Nattern – meist rasch wieder los. In der Antike galt sie bei den Mittelmeervölkern als heilig und wurde auf dem Stab des griechischen Heilgottes Asklepios (bei den Römern Aesculapius) dargestellt, der heute als universelles Symbol der Medizin gilt. Neben ihrer imposanten Größe zählt die Saettone zu den bekanntesten Schlangen Europas, nicht zuletzt wegen ihrer historischen, mythologischen und archäologischen Bedeutung.